4. Insulintherapie
Ziele einer Insulintherapie sind:
- Erhalt einer bestmöglichen Lebensqualität
- Stoffwechselentgleisungen zu verhindern
- Diabetesbedingte Folgeerkrankungen zu verhindern
Diese Ziele lassen sich nur erreichen, wenn es gelingt, einen möglichst physiologischen Insulinspiegel zu imitieren.
Insulinbedarf
Der tägliche Insulinbedarf besteht aus zwei Komponenten. Einerseits der basal benötigten Insulinmenge (Basalrate s.u.) und andererseits der zur Nahrungsaufnahme (prandial) benötigten Menge.
Basalrate
Unter dem basalen Insulinbedarf wird der Grundbedarf des Körpers an Insulin verstanden, der benötigt wird um alle Stoffwechselvorgänge kontinuierlich aufrechtzuerhalten. Die Bauchspeicheldrüse setzt über den Tag verteilt kontinuierlich ein kleine Menge Insulin (ca. 0,7 – 1,0 I.E. pro Std.) frei. Gleichzeitig wird von der Leber entsprechend Glukose zur Verfügung gestellt.
Der basale Insulinbedarf ist damit unabhängig von den Mahlzeiten, unterliegt aber auch den tageszeitlichen Schwankungen der Insulinsensibilität. Diese werden beim Stoffwechselgesunden kompensatorisch ausgeglichen.
Neben den tageszeitlichen Schwankungen (s.u.) wird der tatsächliche Insulinbedarf auch von individuellen Faktoren (z.B. Stress, körperliche Aktivitäten, Erkrankungen) beeinflusst.
Faktoren, die den physiologischen Insulinbedarf beeinflussen
Tageszeitliche Schwankungen
Eine Einheit Insulin (IE.) ist definitionsgemäß die Menge an Insulin, die für die Verstoffwechsellung einer BE (12g Kohlenhydrate) benötigt wird. Leider unterliegt die Insulinsensibilität durch Ausschüttung kontrainsulärer Hormone tageszeitlichen Schwankungen.
Morgens werden 1,0 – 3,0 IE./BE , mittags 0,5 – 1,5 IE./BE und abends 1,0 – 2,0 IE./BE benötigt.
Dies wird bei der ICT durch die Einführung entsprechender Faktoren berücksichtigt. Korrekturgaben von Insulin haben durch diesen Effekt ebenfalls tageszeitlich unterschiedliche Wirkungen. Dies muss unbedingt berücksichtigt werden.
Körperliche Aktivitäten
Körperliche Aktivität wirkt im aeroben Bereich Blutzucker senkend. Dies hat zur Konsequenz, dass die Insulindosis bei einer körperlichen Aktivität (z.B. Sport, Garten- und Hausarbeit) im Vorfeld angepasst oder der Bedarf an Kohlenhydraten durch zusätzliche BE`s auszugleichen ist.
Ein weiterer Effekt ist die erhöhte Insulinsensibilität der aktivierten Muskulatur. Zum Einschleusen der Glukose in die Muskelzelle wird weniger Insulin benötigt. Dies muss bei einer Insulininjektion entsprechend berücksichtigt werden. Die normalerweise üblichen Insulineinheiten werden in Sporteinheiten umgerechnet.
Die erhöhte Insulinsensibilität bleibt auch noch Stunden nach der eigentlichen Aktivität bestehen. Die Muskulatur füllt ihre Glykogenspeicher wieder auf. Dieser Auffüllefekt, mit dem durchaus bis zu 72 Std. zu rechnen ist, führt zu einem erheblichen Hypoglykämierisiko.
Ernährung
Grundlegend gilt: Das Körpergewicht im Normalbereich halten und sich gesund ernähren.
Für das Körpergewicht gilt ein empfohlener Normalbereich von BMI 18,5 – 24,9 *. Übergewicht führt zu einer geringeren Insulinsensibilität. Der Insulinbedarf ist erhöht. Eine Gewichtsreduktion ist daher dem übergewichtigen Diabetiker dringend anzuraten.
Die Nahrung sollte ballaststoffreich (>40g/d) sein und u.a. zu 45-60% aus Kohlehydrate, 10% Fettsäuren und 10-20% Protein bestehen. Die Werte beziehen sich hierbei auf die am Tag aufgenommene Gesamtenergie *.
* Evidenzbasssierte Leitlinie DDG Ernährung
Gesundheitszustand
Die Bewältigung einer Erkrankung führt zu einer Ausschüttung von Hormonen mit kontrainsulärer Wirkung. Dies bedingt eine temporäre Insulinresistenz, die meist zu deutlich erhöhten Blutzuckerspiegeln führt. Im Rahmen dieser Hyperglykämie ist auch das Ketoazidoserisiko deutlich erhöht.
Der Insulinbedarf – sowohl der basale wie auch prandiale – muss entsprechend angepasst werden. Dies sollte unbedingt mit dem behandelnden Arzt besprochen werden, sofern keine ausreichende Schulung des Betroffenen vorliegt.